18.9.2019

Wir wollen frei sein!

Übrigens
Parteipräsident Albert Rösti mit seinem Vorgänger Toni Brunner und Adrian Amstutz, ehemaliger Fraktionschef der SVP Schweiz und jetzt Wahlleiter.

Ich stelle mich am 20. Oktober zur Wahl in den Nationalrat. Aber warum eigentlich? Der Aufwand ist gross, die Wahlchancen zwar schon etwas grösser als ein Sechser im Lotto, aber die Ausgangslage ist für mich - wie für alle neuen Kandidaten - trotzdem schwierig. Der Kanton Bern verliert ein Nationalratsmandat und hat neu nur noch 24 Nationalräte zu Gute. Zudem treten 8 von 9 Bisherigen auf der SVP-Liste wieder an. Und Bisherige werden erfahrungsgemäss von den Wählern als Erste auf die Liste geschrieben.

Albert Rösti und Adrian Amstutz stehen seit Jahren in der vordersten Reihe.

Trotzdem trete ich aus Überzeugung an. So abgedroschen es klingen mag: Aber allein die Kandidatur an sich ist etwas Spezielles. Denn bei einer grossen Partei wie der SVP muss man es erst mal auf die Liste schaffen. In meinem Wahlkreis Thun, in dem traditionell immer viele starke Persönlichkeiten politisieren, gilt das im besonderen Mass. Unsere beiden amtierenden Nationalräte Albert Rösti und Adrian Amstutz sind keine "Hinterbänkler", sondern stehen als Parteipräsident und Wahlleiter der SVP Schweiz in der vordersten Reihe. Welches Ansehen Amstutz hat zeigte sich daran, dass die SVP Kanton Bern gar die Statuten geändert hat, um ihm eine erneute Kandidatur zu ermöglichen. Typisch für den unbeirrbaren Amstutz verzichtete er aber darauf. Es erfüllt mich deshalb schon etwas mit Stolz, dass ich seit Anfang Jahr dem SVP-Wahlkreisverband Thun als Präsident vorstehen darf.

Ulrich Ochsenbein war einer der ersten sieben Bundesräte. Er wurde im alten Bären Schwarzenegg geboren.

Schon viel früher brachte die Region Thun grosse politische Persönlichkeiten hervor. Damals hiessen sie nicht Rösti oder Amstutz, sondern beispielsweise Ulrich Ochsenbein. Der spätere Bundesrat lebte später zwar im Berner Seeland, wurde aber 1811 in meiner Gemeinde Unterlangenegg geboren, getauft und eingeschult. Ochsenbein war eine schillernde Figur. Einer, der viel Höhen, aber auch viel Tiefen in seinem Leben erlebte.

Ulrich Ochsenbein war an der Erarbeitung der modernen Bundesverfassung von 1847 massgeblich beteiligt.

So war er im wichtigen Jahr 1847 Präsident der Tagsatzung. Im Anschluss an die Niederschlagung des Sonderbund-Aufstands war Ochsenbein als Präsident der Verfassungskommission massgeblich an der Ausarbeitung der modernen Bundesverfassung beteiligt. Die Kommission schaffte es nach 31 Sitzungen in 51 Wochen, die Schweiz in die für längere Zeit einzige stabile Demokratie in Kontinentaleuropa zu verwandeln. 1848 wurde er als einer der ersten sieben Bundesräte gewählt. Sechs Jahre später als erster Bundesrat überhaupt wieder abgewählt.

Politiker wie Ochsenbein haben die moderne Schweiz geprägt. Im 19. Jahrhundert haben sie sich von den Fesseln der alten Ordnung befreit. Zünfte wurden abgeschafft. Die freie Marktwirtschaft eingeführt. Die diversen Binnezölle an Brücken- und Stadttoren abgeschafft. Die Versammlungs-, Gewerbe- und Niederlassungsfreiheit eingeführt. Das Zeitalter des Liberalismus brachte der Wirtschaft einen gewaltigen Schub. Der Wohlstand wuchs und wuchs.

Heute heisst es nicht mehr "Brückenzoll", sondern "Dieselverbot".

Heute bewegt sich unsere Gesellschaft in die genau umgekehrte Richtung. Heute heisst es nicht mehr "Brückenzoll", sondern "Dieselverbot". CO-2-Abgabe anstatt Wegzoll. Sogar den mittelalterlichen Ablasshandel haben die Grünen wieder eingeführt. Heute heisst der Ablass "Klimazertifikat". Gerade auch im ländlichen Raum nehmen die Einschränkungen immer mehr zu. Bauern und Gewerbe können sich kaum mehr entwickeln. Unter den grünen Wahnvorstellungen der Öko-Kommunisten leidet nämlich die Landbevölkerung besonders. Den Bauern will man heute am Liebsten ihr Kerngeschäft - das Produzieren von Lebensmitteln - verbieten. Sie sollen als - oft schlecht verdienende - Landschaftsgärtner und Parkwächter den linken Städtern einen möglichst naturnahen Lebensraum ohne menschliches Leben und Aktivität erhalten. Fürs Gewerbe ist nicht mal eine solche Rolle vorgesehen. Es soll sich in die Agglomerationen verlagern oder ganz verschwinden.

Die Schweiz mit den schon bald 9 und nicht viel später 10 Millionen Einwohnern soll hauptsächlich in seelenlosen Wohnsilos in den grossen Städten stattfinden.

Aber anstatt dass man die Bevölkerungsexplosion in der Schweiz durch die vom Volk beschlossene Steuerung der Zuwanderung entschärft, schränkt man lieber das Bauen in den ländlichen Gebieten noch mehr ein. Die Schweiz mit den schon bald 9 und nicht viel später 10 Millionen Einwohnern soll hauptsächlich in seelenlosen Wohnsilos in den grossen Städten stattfinden. Sicher: Es braucht Regeln. Aber die müssen vernünftig sein. Ein de facto Bauverbot in den steilen Hängen im Eriz etwa bringt bezüglich Kulturlandverlust keinen Nutzen, wenn gleichzeitig um die grossen Städte herum die besten Fruchtfolgeflächen verbetoniert werden. Dafür werden die seelenlosen Wohnsilos natürlich mit Minergiestandard und ohne Autoparkplätze gebaut, damit dem Zeitgeist gehuldigt ist.

Mein Credo kann man in einem Wort zusammenfassen: "Freiheit!". Nicht grenzenlose, nicht verantwortungslose, nicht egoistische Freiheit. Jede Freiheit hat auch immer ihre Grenzen. Das ist klar. Aber heute ist die Freiheit leider in einigen Lebensbereichen zu fest eingeschränkt. Setzen wir uns dafür ein, die Freiheit, welche unsere Vorfahren teuer erkämpft haben, zu erhalten. "Wir wollen frei sein wie die Väter waren!". So hat es Friedrich Schiller im "Willhelm Tell" treffend auf den Punkt gebracht.

Autor: Samuel Krähenbühl