5.12.2021

Und ewig wächst der Bürokratiedschungel

Übrigens
Beinahe wäre es im Kanton Bern zu einer Pflicht für Hausbesitzer gekommen, auf ihren Dächern Photovoltaik-Anlagen installieren zu müssen. Dabei rentieren diese kaum mehr.

Jeder Unternehmer, jeder Bauherr, ja sogar jeder einfache Angestellte kann ein Lied davon singen: Immer und überall nimmt die Flut an Vorschriften zu. Unser aller Leben ist schon lange überreguliert. Man könnte meinen, dass noch mehr Paragraphen gar nicht mehr möglich seien. Aber die Politik und die Verwaltung beweisen immer wieder das Gegenteil.

Beispiel gefällig? Die Revision des Kantonalen Energiegesetzes. Blenden wir kurz zurück: In der Volksabstimmung vom 10. Februar 2019 haben die Stimmberechtigten des Kantons Bern mit einer Stimmbeteiligung eine Teilrevision des Kantonalen Energiegesetzes abgelehnt. Diese vom Souverän abgelehnte Vorlage wollte vor allem für Hausbesitzer erhebliche Verschärfungen. So etwa ein de facto Verbot von Ölheizungen.

In einer weiteren Volksabstimmung auf Schweizerischer Ebene vom 13. Juni 2021 wurde das revidierte CO2-Gesetz abgelehnt. Auch dieses CO2-Gesetz wollte wiederum massive Eingriffe in das Privateigentum. Zudem massiv höhere Gebühren und Abgaben.

Doch der Regierungsrat hat eine erneute Revision des kantonalen Energiegesetzes angeschoben. Diese haben wir nun im Grossen Rat behandelt. Zugegeben: Die Vorlage kam weniger extrem daher, als die letzte. Trotzdem wird auch diese mehr Regulierungen mit sich bringen. Doch die Debatte im Rat hat wieder einmal gezeigt, dass namentlich die Ratslinke nichts gelernt hat aus ihren Abstimmungsniederlagen.

Die Mehrheit der vorberatenden Kommission wollte beispielsweise die Hauseigentümer verpflichten, die gesamte Dachfläche ihrer Gebäude mit Anlagen zur Gewinnung von Solarenergie auszurüsten. Mit einer hauchdünnen Stimme Mehrheit (71 zu 70) konnten wir Bürgerlichen ganz knapp diese Bestimmung kippen. Etwas deutlicher wurde das explizite Verbot von Öl- und Gasheizungen bachab geschickt. Wir lehnten mit 82 zu 67 Stimmen einen entsprechenden Antrag der SP ab. Dabei war das Verbot von Öl- und Gasheizungen der Hauptgrund, warum die erste Version des Gesetzes vom Volk abgelehnt wurde.

Doch die Freude der Hausbesitzer könnte von kurzer Dauer sein: Die Grünen haben erst kürzlich eine sogenannte Solarinitiative eingereicht. Die Initiative verlangt, dass künftig alle Neubauten mit Solaranlagen auszustatten sind.

An diesem Beispiel erkennen wir, warum der Bürokratiedschungel ständig weiter wächst. Und welch grosser politischer Kampf es ist, dagegen zu halten. Dies, zumal die Argumente scheinbar einleuchtend sind. In diesem - wie übrigens in vielen anderen Fällen auch - wird die Umwelt vorgeschoben. Tatsächlich: Wer kann denn dagegen sein, dass man sämtliche Dächer mit Photovoltaik-Anlagen ausrüstet?

Die Schwarzenegg-Kirche aus dem Jahr 1693 ist denkmalgeschützt. Eine Photovoltaik-Anlage auf ihrem Dach wäre kaum vorstellbar.

Nehmen wir mal den Fall der denkmalgeschützten Häuser. Denn dort beisst beisst das eine Bürokratiemonster das andere. Prosaische Hightech-Photovoltaikzellen anstatt Biberschwanzziegeln auf Berner Altstadthäusern? Ja, da ist der Zielkonflikt programmiert.

Doch noch gravierender ist das ökonomische Problem, das sich den Hauseigentümern stellt. Denn der hochgelobte Solarstrom ist nichts wert. Er kommt zu unregelmässig, ist zudem aufwendig, was die Leitungsinfrastruktur betrifft. Solarstrom ist halt einfach das absolute Gegenteil von Spitzenstrom. Und auch nicht zu vergleichen mit dem wichtigen Bandstrom.

Praktisch zeitgleich mit der Grossratsdebatte über die Photovoltaik-Pflicht, gab übrigens der Berner Staatskonzern BKW bekannt, in Zukunft noch einmal weniger für Solarstrom bezahlen zu wollen. Wer Solarstrom ins Netz einspeist, erhält vom Energiekonzern nur noch eine kleine Umweltprämie. Statt wie bisher 4,5 Rappen pro Kilowattstunde gewährt die BKW ab Anfang 2022 nur noch 1 Rappen. Aber für Konsumierende bleiben die Ökostromtarife unverändert hoch. Denn die BKW verkauft den Solarstrom den Kundinnen und Kunden in der Grundversorgung weiterhin für rund 12 Rappen.

Die ganzen Verwerfungen im Energiemarkt zeigen beispielhaft auf, wie schlecht es meistens rauskommt, wenn der Staat in einen Markt eingreift. Man kommt dann am Ende nie mehr aus dem Korrigieren der eigenen Fehler raus. Gesetz folgt auf Gesetz. Verordnung folgt auf Verordnung. Subvention folgt auf Subvention. Und am Ende sind die Bürgerinnen und Bürger die Geprellten.

Gute Ordnungspolitik ist deshalb sehr oft gleichbedeutend mit dem Abwehrkampf gegen ständig neue Regulierungen. Sich damit zu profilieren ist schwierig. Im Gegenteil. Sehr oft werden wir Bürgerlichen dann gerade von den Medien als rückständig oder gar hinterwäldlerisch kritisiert. Und leider merken es die Wählerinnen und Wähler dann oft erst, wenn es zu spät ist.

Autor: Samuel Krähenbühl