4.4.2019

Gemeindefusionen können Sinn machen, müssen aber freiwillig bleiben!

Stadt und Land

Die Regierung will die Mindestausstattung für die Gemeinden senken, so dass praktisch alle ländlichen Gemeinden erheblich FILAG-Mittel verlieren würden. ImVerwaltungskreis Thun würden die meisten Gemeinden zwischen einem halben Steuerzehntel bis fast zu einem Steuerzehntel verlieren. Angebliches Ziel der Übung ist es, die kleinen Gemeinden zur Fusion zu zwingen.

Mir ist es wichtig, auf folgende Sachverhalte aufmerksam zu machen:

  1. Für die Vernehmlassung wurden zwar diverse Organisationen angeschrieben, die eigentlich nichts mit der Sache zu tun haben (u.a. Frauenzentrale BE oder männer.ch). Von Seiten der Gemeinden wurden nur die Städte sowie drei, viergrössten Gemeinden für die Vernehmlassung angeschrieben. Diejenigen Gemeinden,die es betrifft, werden also nicht einmal aktiv von der Regierung angeschrieben.
  2. Hinter dem Antrag steht kein klarer politischer Wille des Grossen Rates. Er basiert einzig auf einer unverbindlichen Planungserklärung. Solche Planungserklärungen werden recht häufig überwiesen, aber meist nicht umgesetzt.Diese Planungserklärung von Grossrat Saxer (FDP) wurde in der Septembersession 2018 im Rahmen der Beratung des Berichtes des Regierungsrates"Erfolgskontrolle FILAG 2016" zudem mit 76 Ja, 71 Nein und 4 Enthaltungen überdies sehr knapp überwiesen. Vermutlich wäre der Antrag in der verbindlichen Form des Postulats abgelehnt worden.
  3. Zu Bedenken ist auch, dass die einseitigen «Sparbemühungen» des Regierungsrates im FILAG praktisch immer zu Lasten der Gemeinden gehen. Ich erinnere etwa an die unsägliche Revision des Berufsbildungsgesetzes, die eine Kostenüberwälzung der weiterführenden Schulen auf die Gemeinden beabsichtigt. Auf der anderen Seiten gibt es – mit Ausnahme der wichtigen und richtigen Revision des Sozialhilfegesetzes – kaum Bestrebungen der Regierung, die immer grösser werdenden Finanzströme von den ländlichen Gemeinden in die grossen Städte für die Finanzierung deren immer grösseren Kosten für Sozialhilfe zu bremsen. Hier müsste im FILAG endlich ein Anteil verursachergerechte Komponente eingebaut werden, die Anreize gegen das Kostenwachstum setzen würde.
  4. Schliesslich noch ein Wort zum Thema Gemeindefusionen. Ich bin nicht gegen Gemeindefusionen. Im Gegenteil. Diese können je nach Situation wirklich Sinn machen und einen Mehrwert bieten. Ich war und bin deshalb auch immer positiv eingestellt gegenüber einer möglichen Gemeindefusion in meiner Region. Die Gemeinden sollen aber freiwillig entscheiden können, ob sie fusionieren wollen oder nicht. Denn nicht in jedem Fall bieten Gemeindefusionen einen echten Mehrwert. Einzig grösser zu werden bringt niemandem was. Wenn aber Grenzkosten sinken oder Synergien in der Zusammenarbeit ausgenutzt werden können, dann können Gemeindefusionen äusserst sinnvoll sein. Die Kantonsverwaltung kommt immer mit dem Argument, dass sie bei weniger Gemeinden auch weniger Ansprechspartner habe und deshalb effizienter arbeiten könne. Logischerweise müsste dann aber eigentlich die Kantonsverwaltung auch Personal abbauen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Oder sonst hätte ich zumindest noch nie was davongemerkt.
Ich bin nicht gegen Gemeindefusionen. Die Gemeinden sollen aber freiwillig entscheiden können, ob sie fusionieren wollen oder nicht.
Autor: Samuel Krähenbühl