3.10.2021

Einen wir die Menschen, statt sie zu spalten!

Gesellschaft
Viele lassen lieber regelmässig die Testprozedur über sich ergehen, als sich impfen zu lassen, wie das Beispiel aus der Oberen Hauptgasse in Thun zeigt.

Seit bald einmal 2 Jahren beschäftigt uns das C-Wort. Es ist seit fast zwei Jahren omnipräsent. Keine Tagesschau, keine Zeitung, kein Internetportal, welche uns nicht täglich oder gar stündlich mit irgendwelchen Meldungen aus dem Dunstkreis von "Covid-19" bombardiert. Keine Familie, kein Freundeskreis, kein Verein, keine Firma, in der das C-Wort nicht zu hässlichen und verletzenden Diskussionen führt. Ja, es gibt heute Gespräche, welche so anfangen: "Gell, über Corona reden wir besser nicht...".

Es besteht kein Zweifel: Unsere Gesellschaft ist gespalten. Gespalten wie schon lange nicht mehr. Und die Spaltung folgt auch nicht einfach den gängigen Mustern wie dem Links-Rechts- oder dem Stadt-Land-Graben. Da gibt es auch viele eher links orientierte Städter, welche sich nicht impfen lassen oder sogar auf die Strasse gehen. Und es gibt auch Bürger vom Lande, welche für eine harte Corona-Politik sind.

Der Corona-Graben ist ein neuer Graben. Ein Graben, der im Moment noch immer tiefer wird. Ein Graben, der sich nicht so einfach beseitigen lässt. Ein Graben, der sich noch lange auswirken wird. Und zwar negativ. Doch war dieser Graben überhaupt notwendig? Hätte er sich nicht vermeiden lassen?

Für die eine Seite, die Befürworter der harten Lockdown- und jetzt der harten Impfpolitik, für die ist die Antwort einfach: Ja, man muss die Bevölkerung mit harten politischen Massnahmen zwingen, sich "richtig" zu verhalten. Und richtig verhalten hiess zunächst, das gesellschaftliche und teils sogar das familiäre Leben lahmzulegen. Und jetzt heisst es, die Menschen zum Impfen zu zwingen. Sogar eine "Vermittlungsprämie" fürs Impfen will Bundesrat Alain Berset einführen.

Diese Seite ist stark. Sie hat die allermeisten Medien und die grosse Mehrheit der Parteien hinter sich. Gerade die Medien sind es auch, welche das Bild der anderen Seite prägen. Wer auch nur die leiseste Kritik an der offiziellen Mainstream-Gesinnung äussert, riskiert bald einmal, zum "Covidioten" oder gar zum "Corona-Leugner" abgestempelt zu werden.

Die andere Seite zieht sich entweder ins Private zurück, geht in den erneuten, persönlichen Lockdown. Lässt Kino- und Restaurantbesuche sein. Das ist sogar die grosse Mehrheit derjenigen, welche kritisch sind, sich nicht impfen lassen. Ein kleinerer Teil äussert sich lautstark, manchmal auch extrem oder gar aggressiv. Diese Menschen, welche sich vor dem Bahnhof Bern wöchentlich zu einem Protestzug versammeln, haben mit dem offiziellen Staat und den sogenannten "Mainstream-Medien" abgeschlossen.

Ich bin der Meinung, dass der Graben nicht hätte entstehen müssen. Erinnern wir uns noch etwas zurück in den schönen Frühling 2020. Der erste Lockdown war zwar eine einschneidende Massnahme. Eine Massnahme, die viele hart traf. Aber es war auch eine Zeit, in der man noch zusammenstand. Eine Zeit, in der man wirklich Angst vor einer schlimmen Seuche hatte. Ähnlich wie die Spanische Grippe vor über 100 Jahren es war. Damals gab es noch keine heimliche Besuche von geschlossenen Restaurants wie während dem 2. Lockdown, geschweige denn wöchentliche Demonstrationen gegen die Corona-Politik wie in diesen Tagen.

Wie konnte es aber trotzdem geschehen, dass es zur heutigen, extrem angespannten Lage kommen konnte? Meiner Meinung nach ist die Antwort einfach: Unser Staat hat den Pfad der Tugend verlassen. Der Pfad der Tugend ist das liberale Erbe des Schweizer Bundesstaates von 1848. Sicher: Auch ein freiheitlicher Staat ist nicht einfach ein schwacher Staat. Ja, ein freiheitlicher Staat darf unter Umständen die Freiheit seiner Bürger einschränken. Aber es gibt eine wichtige Maxime, welche ein freiheitlicher Staat immer einhalten muss: Die Verhältnismässigkeit.

Und unser Staat hat den Pfad der Verhältnismässigkeit definitiv verlassen. Denn die Politik der Mehrheit des Bundesrates ist schon lange unverhältnismässig. Das bedeutet nicht etwa, dass sie in allen Fällen zu streng ist. Nein, es gibt mindestens drei Bereiche, in denen der Bundesrat zu lasch war:

1. Der Öffentliche Verkehr: Hier beschränkt sich der Bundesrat nach wie vor auf eine kaum kontrollierte und durchgesetzte Maskenpflicht. Dabei sitzen in einem vollbesetzten Bus oder Eisenbahnwagen sehr viele Menschen nahe beieinander. Aber da der Öffentliche Verkehr nun seit Jahren als angeblich einzig ökologisches Verkehrsmittel gehypt und zudem eine SP-nahe Lobby in Form der Eisenbahn-Gewerkschaften besitzt, geniesst dieser Bereich Bersets Artenschutz. Im Zug steckt sich gemäss SP-Logik niemand mit Corona an...

2. Der Reiseverkehr: Eigentlich waren die Covid-Zertifikate einst vor allem auch für den Reiseverkehr gedacht. Aber den ganzen Sommer lang wurde ein- und ausgereist, wie es Corona nie gegeben hätte. Und dann wundert man sich gegen den Herbst, dass man aus dem Balkan mit Rega-Jets Covid-Patienten repatriieren muss, welche dann unsere Intensivstationen füllen.

3. Die Intensivplätze: Damit sind wir beim dritten Punkt, bei dem das Versagen besonders gross war: Während der Bundesrat ohne gross mit den Wimper zu zucken wiederholt ganze Branchen lahmlegte, unternahmen Bund und die kantonalen Behörden rein gar nichts, um die Anzahl der Intensivplätze zu erhöhen. Wenn man diese Kritik äussert, dann geht gleich ein Aufschrei los. Es gebe nicht genügend Personal, man könne dieses nicht ausreichend ausbilden und ausreichend bezahlen. Mir hat noch nie jemand schlüssig erklären können, warum das in fast 2 Jahren Corona-Politik nicht hätte möglich sein sollen? Wenn man schon sonst Unsummen für die Corona-Politik ausgibt, hätte man besser hier mal investiert. Aber nein: Man hat das Gegenteil getan. In einer Pandemie Intensivbetten abgebaut. Das ist der grösste Skandal überhaupt.

Den Preis für diese groben Verfehlungen bezahlen wir nun mit unserer Freiheit. Mit völlig unverhältnismässigen Massnahmen wie etwa einer überzogenen Zertifikatspflicht, welche einem Impfzwang sehr, sehr nahe, teilweise gar gleich kommt. Ja, ich weiss, was der Mainstream dazu sagt: "Ist ja kein Problem, zwei kleine Stiche und man ist frei!"

Mir sträuben sich die Nackenhaare, wenn ich so was höre! Nein, man ist eben nicht frei, wenn man gezwungen wird. Das ist ein Widerspruch in sich selbst. Ein freiheitlicher Staat ist kein bevormundender Staat. Sonst können wir auch gleich eine Expertokratie einführen, welche den Menschen mit Diät-, Fitness- und eben Impfplänen Plänen ein (vermeintlich) gesundes Leben vorschreibt.

Und ein solcher de facto Impfzwang ist vor allem völlig unverhältnismässig. Wenn wir wirklich ein Massensterben hätten, dann wäre so viel Zwang eventuell noch eher zu rechtfertigen. Nicht aber wegen einer Pandemie, an der nur ein relativ kleiner Teil der Menschen ernsthaft erkrankt und noch weniger daran sterben. Und vor allem ist diese Diffamierungspolitik schlicht auch dumm, da sie offensichtlich ihre Wirkung verfehlt: Denn nicht die Impfungen, sondern die Zertifikattests boomen!

Mein Fazit:  Politik und Medien täten gut daran, die Menschen wieder zu einen statt sie weiter zu spalten! Denn wir können den Corona-Graben erst wieder zuschütten, wenn wir aufhören, zwischen den "guten", da geimpften Menschen auf der einen und den "schlechten", da nicht geimpften Menschen auf der anderen Seite zu unterscheiden.

Autor: Samuel Krähenbühl