19.3.2023

Credit-Suisse-Debakel - auch ein Debakel der freien Wirtschaft?

Schweiz und Welt
Das Denkmal von Alfred Escher vor dem Zürcher Hauptbahnhof. Escher hat nicht nur mehrere Bahngesellschaften gegründet, sondern auch die Kreditanstalt, heute Credit Suisse.

Alle paar Jahre gerät ein grosses Schweizer Unternehmen in Schieflage. So etwa 2001 die einst so stolze Swissair. Dann 2008 die Grossbank UBS. 2020 war dann die "Swiss" als indirekte Nachfolgerin der Swissair in der Bredouille. Und nun ist es mit der Credit Suisse erneut eine Grossbank, welche am Abgrund steht.

Kommen und gehen gehören zur freien Wirtschaft. Täglich werden neue Firmen gegründet. Und ebenso regelmässig verschwinden Firmen auch wieder. Gravierend an den oben genannten Beispielen ist, dass diese Unternehmen zu gross sind, als dass der Staat sie so einfach fallen lassen könnte. "Too big to fail" - zu gross um zu Grunde zu gehen.

Der aktuelle Fall der Credit Suisse ist hierbei besonders störend. Denn es ist anders als bei der Swissair im Jahr 2001, als kurz zuvor ein Attentat auf das World Trade Center stattfand. Es ist auch etwas anders als 2008 bei der UBS, als zuvor andere Banken gestrauchelt sind und die Welt eine Finanzkrise erlebte. Auch der Fall Swiss nach Corona war anders. In diesem aktuellen Fall scheint wirklich ein jahrelanges, gravierendes Fehlmanagement die Hauptursache für die Krise zu sein.

Noch wissen wir nicht, was heute, morgen oder übermorgen genau geschehen wird. Rettet der Bund die CS? Davon ist wohl auszugehen. Aber wie geht es danach weiter? Und wie reagieren die weltweiten Börsen auf das Thema? Beruhigen sich die Märkte wieder? Oder bricht erst recht eine grosse Krise los?

Ich habe keine Antworten auf diese Fragen. Aber eine andere Frage beschäftigt ebenso: Ist das regelmässige Versagen von sehr grossen Konzernen in Krisen auch ein Versagen des liberalen Systems der freien Wirtschaft?

Die Antwort auf diese Frage ist vielschichtig und nicht ganz einfach. Wenn man es ganz plakativ sagen will, dann gehört das Versagen von einzelnen Firmen zunächst einmal zum Kapitalismus. Die Erfolgreichen sollen Erfolg haben. Die weniger Erfolgreichen sollen halt wieder verschwinden. Dieses Prinzip hat sich bewährt, weil es dazu führt, dass die gesamte Volkswirtschaft möglichst effizient wirtschaftet.

Insofern gesehen ist auch nicht das Scheitern von Swissair oder Credit Suisse das Problem, sondern die Intervention des Staates. Damit will ich aber nicht sagen, dass dies in jedem Fall falsch wäre. Denn wenn der Konkurs einer Firma viel schlimmere Auswirkungen hätte als eine zeitweilige Intervention des Staates, dann muss man halt wohl den Staat intervenieren lassen.

Trotzdem sind diese Rettungsaktionen auf die lange Frist Gift. Und zwar auf der psychologischen Ebene. Grossbanken und Airlines, welche offenbar am Anfälligsten sind für grosse Krisen, scheinen die implizite Staatsgarantie in ihr Kalkül einzubeziehen. Sprich: Sie verfolgen Geschäftsmodelle, bei denen ein erhebliches Restrisiko an den Staat abdelegiert wird. Und das ist nicht gut. Erinnern wir uns doch daran, wie Anfang der Neunziger Jahren die anderen Banken und auch die Behörden die Regionalbank SLT in Thun Konkurs gehen liessen, wobei viele Menschen gutes Geld verloren haben. Die UBS und CS-Kunden hingegen können sich darauf verlassen, dass der Staat ihre Banken schützt.

Was ist dagegen zu tun? Die Antwort darauf ist äussert schwierig. Leider geht es wohl nicht anders, als dass der Staat sehr strenge Regulatorien erlässt. Das kann so weit gehen, dass gewisse risikoreiche Geschäftsmodelle schlicht verboten werden für Schweizer Gesellschaften. Auch müsste man sich überlegen, ob fehlbare Manager nicht zumindest zivilrechtlich besser belangt werden könnten. Bei der Credit Suisse haben die letzten Jahre zahlreiche Verwaltungsräte und Bankangestellte Millionen und Abermillionen abgezügelt. Von "verdienen" mag man ja bei solchen Beträgen gar nicht reden. Solche Leute sollten verpflichtet werden, zumindest einen Teil ihrer hohen Saläre zurück zu zahlen.

Da ich eigentlich für möglichst geringe Eingriffe in den freien Markt bin, nervt mich persönlich, dass ich selber keine bessere Antwort habe. Aber auf der anderen Seite ist es schlicht auch nicht fair, wenn grosse Firmen sich einfach auf den Staat verlassen können, während man kleine Unternehmen in der Krise fallen lässt.

Ganz sicher keine Alternative wäre eine Verstaatlichung von grösseren Wirtschaftsbereichen. Denn effizienter wird die Wirtschaft dadurch sicher nicht. Der Staat würde nur permanent ineffiziente Strukturen mit Subventionen kaschieren. Denn grundsätzlich gilt auch jetzt immer noch, dass der freie Markt viel effizienter ist als der Staat.

Autor: Samuel Krähenbühl