1.10.2020

Ausser Spesen nichts gewesen?

Schweiz und Welt
Nur mit hauchdünnem Mehr konnte der Untergang der Schweizer Luftwaffe verhindert werden.

Die Schweiz hat ihr erstes Post-Corona-Abstimmungswochenende hinter sich. Der von mir - und nicht nur von mir - erhoffte Impuls für mehr Bodenständigkeit und Besinnung auf die wahren Werte der Schweiz ist leider weitgehend ausgeblieben.

Landwirtschaft, Armee und Grenzschutz haben wenig Rückhalt in den Städten und Agglomerationen.

"Landwirtschaft, Armee, Grenzschutz: Institutionen, welche von Medien und breiten politischen Kreisen ständig unter Beschuss stehen, sind auf einmal wieder wichtig." Das habe ich am 14. März nach dem Lockdown geschrieben. Auch ich kann mich irren. Das Gegenteil ist eingetreten. Einzige Ausnahme: Die Beschaffung von neuen Kampfjets wurde mit hauchdünnem Mehr angenommen. Wenige Tausend Stimmen haben die Schweiz davor bewahrt, keine Luftpolizei mehr zu haben.

Die Landwirtschaft im Berggebiet erhielt in ihrem Kampf gegen die wachsenden Populationen von Grossraubtieren beim Jagdgesetz keine Unterstützung. Die Städter, welche während dem Lockdown und auch im Sommer danach das Berggebiet regelrecht überfluteten, haben nicht begriffen, dass es zum Offenhalten der schönen Landschaften grasfressende Nutztiere braucht. Wölfe fressen bekanntlich kein Gras.

Jetzt geht es ums Eingemachte!

Ebenso bedenklich stimmt mich aber auch die doch recht deutliche Ablehnung der Begrenzungsinitiative. Wochenlang waren die Grenzen dicht. So, wie das letzte Mal im 2. Weltkrieg. Noch jetzt kann man nicht uneingeschränkt reisen. Trotzdem will offenbar die deutliche Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer offene Grenzen. Und freie Einwanderung aus der EU in unser Land. Mit allen Konsequenzen: Druck auf den Arbeitsmarkt, Druck auf das Bauland, Druck auf die Verkehrswege.

Was nun? Ist das vergangene Abstimmungswochenende einzig unter dem Motto "ausser Spesen nichts gewesen" zu sehen? Ich sehe es trotz allem etwas positiver. Denn jetzt geht es ans Eingemachte. An das sogenannte Rahmenabkommen mit der EU. Und für dieses kann sich mittlerweile fast niemand mehr erwärmen. Nicht nur die SVP.

Die Kacke dampft!

Der Bundesrat und das Parlament haben zwar versucht, mit dem schlaumeierischen Verschieben der Diskussion über das Rahmenabkommen hinter die Abstimmung über die Begrenzungsinitiative den Dampf im Kessel zu halten. Das ist geglückt. Doch jetzt drückt der Dampf wieder gewaltig. Man könnte auch sagen: Die Kacke dampft!

Die EU sieht die Schweiz vor allem auch als gute Milchkuh an.

Zur Erinnerung: Das institutionellen Rahmenabkommen (InstA) mit der EU ist ein Vertrag, mit dem sich die Schweiz in wichtigen Bereichen wie der Zuwanderung, dem Zugang zu den Sozialversicherungen und dem Verkehr einseitig EURecht unterwerfen und sich zudem zu jährlichen Tributzahlungen in Millionenhöhe verpflichten würde.

Der Bundesrat hat in Verhandlungen mit der EU in der Vergangenheit etwa so wenig Rückgrat gehabt wie ein Regenwurm, der sich ins nächste Erdloch windet.

Und mittlerweilen sieht nicht nur die SVP das EU-Rahmenabkommen kritisch. CVP-Präsident Gerhard Pfister sieht schwarz für das Rahmenabkommen. FDP-Präsidentin Gössi schickt den Bundesrat nach Brüssel. Und auch die Sozialpartner winken ab. Der Bundesrat wäre also gefordert. Wäre. Denn der Bundesrat hat in Verhandlungen mit der EU in der Vergangenheit etwa so wenig Rückgrat gehabt wie ein Regenwurm, der sich ins nächste Erdloch windet.

Doch das ist in diesem Fall nicht so tragisch. Denn die EU will etwas von uns. Nicht wir von ihr. Es reicht also, wenn der Widerstand hierzulande gross genug ist. Und der Bundesrat eine Abstimmungsniederlage fürchten muss. Auch wenn die Front der Gegner des Rahmenabkommens noch bröckeln sollte: Tatsache ist, dass es wesentlich einfacher sein wird, das Rahmenabkommen zu bodigen, als die Begrenzungsinitiative zu gewinnen.

Autor: Samuel Krähenbühl